In dieser Woche hat BlackBerry mit einem Paukenschlag (na ja, es war eher so ein Bada-Tssss) das Ende der eigenen Hardwareentwicklung verkündet. Es wird also keine von BlackBerry entwickelten Smartphones mehr geben, das Branding kann aber von Fremdherstellern lizensiert werden. Was bedeutet das nun für uns BlackBerry Nutzer, speziell für private Nutzer und Prosumer? Lest ein paar Gedanken dazu von mir in unserer Was-machen-wir-denn-jetzt-Special-Edition.
Wie alles begann
Was haben wir unsere OS 5/6/7 Beeren geliebt. Ich will jetzt gar nicht mit den ganz alten Geräten anfangen, wer die mal sehen will sollte sich mal in Ollys Sammlung umschauen. Meine BlackBerry-Geschichte fängt mit dem 7290 an und seitdem ist es immer spannend gewesen. Wir bekamen jedes Jahr neue Geräte und immer gab es irgendeine Innovation, die wir anfangs oft verfluchten, die uns nach einiger Zeit der Eingewöhnung aber jeweils noch produktiver auf unseren Geräten machte. Am 7290 war das Trackwheel eine geniale Sache. Durch Drehen des Rads mit dem Daumen das Item auf dem Bildschirm auswählen und ein kurzer Druck auf das Rad wählte dann aus. Genial um das Gerät schnell auch mit einer Hand zu bedienen. Die gewohnt hochwertige Tastatur mit Hintergrundbeleuchtung tat ihr übriges und wie viele andere BlackBerry-Nutzer konnte ich bald blind darauf tippen.
Als nächtes dann 8300/8310, die ein neues Bedienelement mitbrachten, einen mittig unter dem Bildschirm platzieren Minitrackball. Die Auswahl von Items ging damit noch schneller, weil man nicht mehr auf zwei Richtungen beschränkt war. Zwischendurch dann das erste Fulltouchgerät von BlackBerry. Wer erinnert sich noch an den Storm?
Auch hier beschritt BlackBerry neue Wege. Das Touchdisplay hatte einen physischen Druckpunkt, so dass man ein Zwischending zwischen Hardware und reiner Displaytastatur hatte. Interessant war das, allerdings war diese Technologie zu fehleranfällig und unpräzise und hat sich nicht durchgesetzt. Der Storm2 kam dann mit einem "normalen" Fulltouchdisplay.
Die nächste Innovation bei den Geräten mit Hardwaretastatur war dann der Tausch des Trackballs gegen ein kleines Touchpad. Das beseitigte das Problem, dass Schmutzpartikel in die Mechanik des Trackballs kommen konnten und so die Funktion beeinträchtigten. Mein Bold 9780 hat mir lange sehr gute Dienste geleistet und der Bold 9900 war legendär.
Dann hatten wir das Playbook. Was für ein Gerät. Ich erinnere mich noch gut daran, als ich das erste mal das mitgelieferte HD-Demovideo ansah. Das war ein echtes Wow-Gefühl. Das Bedienkonzept und die Möglichkeit, das Gerät mit HDMI-Kabel und USB Tastatur/Maus quasi als Desktopersatz zu nutzen, versuchen einige Hersteller heute noch vernünftig umzusetzen, BlackBerry hatte dass schon 2010. Wie habe ich mich damals schon auf das angekündigte neue OS10 gefreut, dass ja auf dem Betriebssystem des Playbook basieren sollte. Und dann hatte ich es in den Händen, das Z10 und meine Gefühle waren anfangs sehr gemischt. Das System war so ganz anders als das Playbook geworden und hatte anfangs noch viele Unzulänglichkeiten. BlackBerry hatte sich viel Mühe gegeben, gleich zu Anfang viele Appentwickler mit ins Boot zu holen und dabei auch den ein oder anderen Dollar springen lassen und auch die wichtigsten Apps für soziale Netze gleich mit am Start. Trotzdem schaffte man es nicht, viele neue Kunden zu begeistern und auch die treuen BlackBerry-Fans standen dem neuen System äußerst skeptisch gegenüber. Dazu kam ein für damalige Verhältnisse doch sehr hoch angesetzter Preis.
Über die Zeit entwickelte sich OS10 allerdings zu einem der produktivsten und sichersten mobilen Systeme überhaupt nur interessiert das leider einen Großteil der Nutzer nicht. Und so kam es wie es kommen musste. Irgendwann musste BlackBerry angesichts des verschwindend geringen Marktanteils der Geräte etwas ausdenken, um nicht dauerhaft defizitär zu wirtschaften. Der Umbau in eine reine Softwarecompany ist daher der einzig logische Schritt, denn die Softwarekomponenten für den Enterprisesektor sind schon immer große Klasse gewesen.
Allerdings bleiben da natürlich die privaten Nutzer und Prosumer auf der Strecke, die vor allem die Geräte (mit Hardwaretastatur) und die effiziente Bedienung von OS10 nutzen und weiter nutzen wollen. Was können diese Nutzer jetzt tun?
Ich bin mit meinem OS10-Gerät zufrieden, ich brauche keine weitern Apps und nutze kein WhatsApp, was soll ich jetzt tun?
Ich würde sagen, nutze dein Gerät einfach weiter. Es wird noch mindestens zwei Sicherheitsupdates von BlackBerry für OS10 geben, damit dürfte sich ein OS10 Gerät noch locker 2 Jahre weiter nutzen lassen, sofern die Hardware mitspielt. Es wird weiter das Leap und das Passport zu kaufen geben. Die Produktion des Classic ist begrenzt, hier sollte man sich also rechtzeitig noch eindecken. Ein Z30 - welches ich dem Leap momentan noch vorziehen würde - bekommt man auch noch neu bei diversen Shops im Internet zu einem günstigen Preis. Somit dürften hier die nächsten zwei Jahre abgedeckt sein und danach muß man dann weiter sehen. Bei der Geschwindigkeit der technischen Entwicklung wird der Markt dann eh ganz anders aussehen.
Ich bin mit meinem OS10-Gerät zufrieden, ich brauche keine weitern Apps. Ich brauche aber unbedingt WhatsApp, was soll ich jetzt tun?
Zunächst einmal gilt das oben gesagte. Bekanntlich stellt WhatsApp ja den Support für seine OS10-Anwendung zum 31.12.2016 ein. WhatsApp hat einen Mechanismus, um die Nutzung bestimmter Versionen der App zu unterbinden, somit ist es gut möglich, dass die App tatsächlich ab dem 1.1.2017 sofort nicht mehr funktioniert. Eine Alternative auf OS10 ist, die Androidversion der App als APK-Datei zu installieren. Allerdings ist die App funktional eingeschränkt. Die HUB-Benachrichtigungen funktionieren nicht immer und auch das Hochladen von Bildern und Videos geht nicht (hierzu gibt es einen Workaround, das ist aber ein ziemlicher Hack und für den Normalnutzer nicht so einfach zu installieren). Man kann aber auf jeden Fall mit seinen WA-Kontakten weiter texten und an Gruppenchats teilnehmen.
Das wird so lange funktionieren, wie die App unter der Androidversion 4.3 funktioniert, denn diese wird unter OS10 emuliert. Auch eine verpflichtende Nutzung der GooglePlay-Dienste würde die Funktion der App unter OS10 beenden. Man sollte also hier auf jeden Fall einen Plan B parat haben, je nachdem was sich WhatsApp in den nächsten zwei Jahren so einfallen lässt.
Ich möchte von OS10 wechseln, weil ich viele Apps benötige, die unter OS10 nicht zur Verfügung stehen, was soll ich jetzt tun?
Wer viele Apps und die angesagten Spiele nutzen, die neuesten Gadgets wie z.B. Smartwatches usw. kaufen und uneingeschränkt mit dem Smartphone nutzen möchte, der kommt um ein Android oder iOS Gerät nicht herum, Punkt. Wenn ihr mit Apple nicht klarkommt oder klarkommen möchtet , bleibt nur ein Smartphone mit dem Betriebssystem des Suchmaschinenriesen Google. Hier gibt es aber große Unterschiede bei den Herstellern. Wie viele eurer Bekannten nutzen noch ein altes Smartphone der Marke X, auf dem noch Adroid 4.0 oder älter läuft? Diese Geräte haben noch nie ein Sicherheitsupdate gesehen und sind für alle bisher gefundenen Sicherheitslücken in Android anfällig, ein echter Alptraum. Einzig die von Google lizensierten Nexus-Geräte boten bisher die Garantie eines monatlichen Sicherheitsupdates.
Und dann kam BlackBerry. Mit dem Priv stellte mann das erste Androidgerät vor, das mit spezieller Sicherheitstechnologie von BlackBerry ausgestattet war. Mit dem DTEK50, dass schon nicht mehr von BlackBerry selbst entwickelt und gebaut wurde, setzte man diesen Gedanken eines sicheren Androidgerätes fort. Auch versuchte man, gewohnte Produktivitätsfeatures wie den HUB auch auf dem neuen System abzubilden. Das ist noch nicht ganz perfekt, wird aber mit den regelmäßigen Updates immer besser.
Ein zukünftiger Android-Nutzer könnte also bei seiner "Lieblingsmarke" BlackBerry bleiben und würde in den Genuß eines sichereren Gerätes kommen, als wenn er ein Gerät eines anderen Herstellers kauft. Mit dem wohl bald verfügbaren DTEK60 wird es ein Highendgerät mit großem Display und starker Hardware geben. Wer noch etwas Zeit hat, kann noch bis nächstes Jahr warten, ob das geplante Gerät mit Hardwaretastatur kommt (egal ob es von BlackBerry selbst oder von einem Dritthersteller gebaut wird).
Und wenn ihr euch für einen anderen Hersteller entscheidet, weil euch das mit der Sicherheit nicht so wichtig ist, dann könnt ihr immerhin die gewohnten BlackBerry-Apps wie HUB, Kalender, ToDos und die geniale Tastatur noch im Playstore zukaufen.
Wie ihr seht, gibt es keinen Grund, BlackBerry ganz den Rücken zu kehren. Je nach dem, was man an BlackBerry mochte, kann man einzelne Features weiter nutzen. Natürlich ist das nicht mehr dasselbe wie damals, als die Kanadier die Telefone noch selbst entwickelt und zusammengebaut haben, aber so ist halt der Lauf der Dinge. Times are changing. War schon immer so.
Eure BlackBerry-User-Group Kassel
(Quellen: bbugks.de, berrymotion.net)